Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Volkswagen AG in die Schranken gewiesen und die Revision in einem Dieselverfahren abgelehnt (Urteil vom 13.04. 2021, Az.: VI ZR 274/20). Streitgegenständlich waren nicht die Manipulation an einem im Februar 2013 gebraucht erworbenen VW Golf, der mit einem Dieselmotor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5, ausgestattet ist.
Das Gericht betont: „Dieser Motor hatte eine Steuerungssoftware, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befand. Im Prüfstandsbetrieb führte die Software zu einer erhöhten Abgasrückführung im Vergleich zum Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stickoxidemissionen der Abgasnorm Euro 5 auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten. Die Vorinstanzen haben auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zutreffend angenommen, dass die Beklagte die Klägerin durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit Abschalteinrichtung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat. Damit war die Verurteilung nach § 826 BGB einmal mehr zutreffend.“
Der Hintergrund des Verfahrens: Zwischen den Parteien war zuletzt im Wesentlichen noch die Ersatzfähigkeit der Finanzierungskosten im Streit, die der Klägerin in Höhe von 3.275,55 Euro für Darlehenszinsen und eine Kreditausfallversicherung entstanden sind. Das Landgericht Köln (Urteil vom 19.07.2019, Az.: 16 O 406/18) hat der Klage auf Erstattung der Finanzierungskosten stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 19.02.2020, Az.: 27 U 52/19) hat die Klägerin gegen die Beklagte nach § 826 BGB neben dem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs auch einen Anspruch auf Erstattung der Finanzierungskosten in voller Höhe. Nun hat das BGH die Revision der Volkswagen AG abgelehnt.
Einen Vorteil, der im Wege der Vorteilsausgleichung schadensmindernd zu berücksichtigen wäre, habe die Klägerin durch die Finanzierung nicht gehabt. Die Finanzierung habe der Klägerin keinen Liquiditätsvorteil im Vergleich zu dem Zustand verschafft, der bestanden hätte, hätte sie vom Kauf Abstand genommen. Die Finanzierungskosten hätten auch nicht den objektiven Wert des Fahrzeugs erhöht und damit nicht den Gebrauchsvorteil, den die Klägerin aus der Nutzung des Fahrzeugs gezogen hat, vergrößert, heißt es beim Gericht.
Das Urteil zur Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten im Abgasskandal hat weitreichende positive Konsequenzen für geschädigte Verbraucher. Der BHG hat damit ein verbraucherfreundliches Signal gesetzt. Sind Verbraucher sittenwidrig und vorsätzlich geschädigt worden, haben sie nicht nur ein Anrecht auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, sondern eben auch auf die Erstattung der Finanzierungskosten für das Auto. Das betrifft eine Vielzahl von Verbrauchern, denn rund 65 Prozent der Neuwagen in Deutschland werden von Banken finanziert.
Der Bundesgerichtshof bestätigt die Ersatzfähigkeit der Finanzierungskosten aus der Folge der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung heraus. Hätte die Klägerin das Fahrzeug nicht gekauft, hätte sie den Kaufpreis nicht mit einem Darlehen der Volkswagen Bank teilweise finanziert. Die Beklagte hat daher neben dem Kaufpreis für das Fahrzeug auch die Finanzierungskosten in voller Höhe zu erstatten.