Das Landgericht Aachen (Urteil vom 19.02.2021, Az.: 7 O 274/20) hat dem VW-Dieselgate 2.0 weiteren Schwung verliehen. Der Richter hat die Volkswagen AG dazu verurteilt, an den geschädigten Verbraucher 44.724,02 Euro Schadenersatz zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2020 zu zahlen. Ebenso muss die Volkswagen AG der Klägerin von den Kosten in Höhe von 1.822,96 Euro freistellen, die durch die außergerichtliche Rechtsverfolgung entstanden sind, und die vollständigen Kosten des Rechtsstreits tragen.
Streitgegenständlich in dem Dieselverfahren war ein VW T6 Multivan 2.0 TDI 4-Motion (Bulli) mit dem Motortyp EA288 und der Abgasnorm Euro 6. Der geschädigte Verbraucher hat das Fahrzeug am 16. Dezember 2015 zum Preis von 65.093 Euro mit einem Kilometerstand von acht Kilometern erworben. Der Kilometerstand am 14. Januar 2021 betrug 91.373 Kilometer. Das Gericht hat die Gesamtlaufleistung auf 300.000 Kilometer festgelegt.
Das Landgericht Aachen hat ganz deutlich herausgestellt, dass die Software zur Erkennung des Prüfstandes und zur Optimierung des Stickoxidausstoßes auf dem Prüfstand eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt. Die schädigende Handlung der Beklagten sei das Inverkehrbringen von Dieselmotoren unter Verschweigen der gesetzwidrigen Programmierung der Software, die dazu geführt habe, dass die gesetzlichen Grenzwerte nur auf dem Prüfstand, nicht aber im realen Straßenbetrieb eingehalten würden.
Die Klägerin habe substantiiert vorgetragen, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Umschaltlogik zur Einwirkung auf das Emissionskontrollsystem enthalten sei. Allein das Vorhandensein der Zykluserkennung deutet auf eine Abschalteinrichtung hin. Durch diesen substantiierten Vortrag obliege der beklagten Volkswagen AG die sekundäre Darlegungslast, der diese aber nicht hinreichend nachgekommen sei. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Es sei Sache der Beklagten, das Vorliegen der die unzulässigen Abschalteinrichtung begründeten Umstände substantiiert zu bestreiten. Dazu gehöre vor allem die Darlegung, aus welchen technischen Gründen die Applikation einer Fahrkurve erfolgt sei, wenn nicht im Zusammenhang mit einer Abschalteinrichtung. Denn es wäre lebensfremd anzunehmen, dass ein Autokonzern grundlos eine völlig nutzlose Softwarefunktion verwende.