Die Daimler AG gerät im Abgasskandal rund um Dieselfahrzeuge der Premiummarke Mercedes-Benz immer stärker unter Druck. Kürzlich sind zwei weitere Urteile wegen Abgasmanipulationen an Mercedes-Fahrzeugen mit dem Motor OM651 und der Abgasnorm Euro 5 ergangen.
Vom Landgericht Tübingen (Urteil vom 11.12.2020, Az.: 5 O 21/20) wurde die Daimler AG zur Rücknahme eines Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4Matic und zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 45.244,28 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20. Juli 2019 sowie zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1029,35 Euro freizustellen. Gegen den geschädigten Verbraucher wird eine Nutzungsentschädigung für rund 100.000 Kilometer Fahrleistung in Abzug gebracht.
Das klägerische Fahrzeug ist von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes betroffen. Es handelte sich um einen verpflichteten Rückruf. Der Rückruf erfolgte wegen unzulässiger Abschalteinrichtung beziehungsweise unzulässiger Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems, schreibt das Gericht. Das Fahrzeug weise einen Makel auf, der sich darin niederschlage, dass bewusst entgegen geltenden Gesetzen Teile verbaut worden seien, was zum amtlichen Pflichtrückruf wegen des Verbaus dieser Teile geführt habe.
Das Landgericht Freiburg im Breisgau wiederum (Urteil vom 18.12.2020, Az.: 14 O 279/20) hat einem geschädigten Verbraucher für einen Mercedes-Benz C 250 T CDI Schadenersatz zugesprochen. Die Daimler AG wurde verurteilt, an die Klagepartei 36.700 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. August 2019 zu bezahlen und den geschädigten Verbraucher von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 1530,64 Euro freizustellen.
Das Gericht stellt deutlich heraus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug über eine illegale Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters verfügt. Dadurch ist es zu einer sittenwidrigen Schädigung gekommen. Vor allem aber betont das Gericht, dass die Daimler AG die Behauptung der Klagepartei, wonach der Motor des Fahrzeugs über unzulässige Abschalteinrichtungen verfüge nicht erheblich bestritten worden. Damit sei der Automobilhersteller seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen.
Das Gericht weist darauf hin, dass die Daimler AG eine sekundäre Darlegungslast dazu treffe, wie der Entscheidungsprozess zum Verbau der verfahrensgegenständliche Abschalteinrichtung im Einzelnen abgelaufen sei. Der Automobilhersteller sei binnen der gewährten Frist zur Stellungnahme zum gerichtlichen Hinweis ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen.
Danach können Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen die Daimler AG von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen ‚ins Blaue hinein‘ abgewiesen werden. Im umgekehrten Falle könne auch die Daimler AG nicht einfach das Vorliegen ohne jede weitere Erklärung bestreiten. Die Daimler AG trifft damit die sekundäre Darlegungslast. In diesem Rahmen muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Dem hat das Unternehmen nicht entsprochen.
Viele Mercedes-Benz-Diesel sind mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet. Besonders betroffen sind die Motoren des Typs OM651, OM622, OM626, OM654, OM642 und OM656. Geschädigte Verbraucher haben also weitreichende Chancen, von der Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Wege der Betrugshaftungsklage Schadensersatz zu erhalten und das Skandalfahrzeug abzugeben