Die Daimler AG kommt nicht zur Ruhe. Gerade vor dem Landgericht Stuttgart als dem Heimatgericht des schwäbischen Autobauers ergehen reihenweise verbraucherfreundliche Urteile im Daimler-Abgasskandal. Jetzt ist das nächste Urteil im Falle eines streitgegenständlichen Mercedes-Benz C 200 CDI T BlueEFFICIENCY (Motorentyp OM651, Abgasnorm Euro 5) gefallen: Die Daimler AG muss dem geschädigten Verbraucher 10.246,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2020 zahlen, den Kläger von durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 958,19 Euro freizustellen und 64 Prozent der Kosten des Rechtsstreits zu tragen (Urteil vom 17.11.2020, Az.: 23 O 112/20). Der geschädigte Verbraucher hatte das Fahrzeug im September 2016 für 16.000 Euro mit einer Laufleistung von 73.000 Kilometern gekauft.
Der Hintergrund des Urteils: Die Kontrolle der Stickoxidemissionen erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug über die sogenannte Abgasrückführung. Diese wird bei kühleren Temperaturen zurückgefahren. Damit liegt ein sogenanntes Thermofenster vor, das regelmäßig zu einem erhöhten Ausstoß der Stickoxidemissionen führt. Überdies ist in dem Euro 5-Fahrzeug eine Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung aktiv. Wegen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung unterliegen bereits viele Fahrzeuge der Daimler AG offiziellen Rückrufen des Kraftfahrt-Bundesamts. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung der Daimler AG ist bei den betroffenen Mercedes-Benz-Fahrzeugen nur im Prüfstand aktiviert. Dabei sorgt sie dafür, dass der gesamte Kühlmittelkreislauf kälter bleibt und somit die Temperatur des Motoröls nur langsam ansteigt. So sorgt die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung dafür, dass auf dem Prüfstand weniger Stickoxide ausgestoßen werden. Ebenfalls lässt das Gericht nicht gelten, dass die Daimler AG die Softwaremanipulation einfach pauschal bestreitet.
Abschalteinrichtungen wie Thermofenster bei der Abgasreinigung in Dieselfahrzeugen oder eben auch Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelungen sind grundsätzlich unzulässig. Das hat die EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston in ihrem Schlussantrag zu einem vielbeachteten Verfahren am Europäischen Gerichtshof EuGH klargemacht. Entscheidend bei dem EuGH-Verfahren ist die Aussage, dass auch temperaturabhängige Abgaskontrollsysteme unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen.
Es ist nicht das einzige Urteil in diesem Zusammenhang: Erst vor kurzem hat das Landgericht Heilbronn mit Urteil vom 27. August 2020 (Az.: Bm 6 O 324/19) einem geschädigten Verbraucher Schadensersatz für die Rücknahme eines Mercedes-Benz GLK 220 CDI zugesprochen. Dieser hatte den Wagen im Jahr 2014 gebraucht erworben. Der Mercedes-Benz GLK 220 CDI ist wie der aktuell streitgegenständliche Mercedes-Benz C 200 CDI T mit dem Motor OM651 mit der Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet und weist eine Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung auf. Übrigens hat das Landgericht Stuttgart auch schon genau zu diesem Fahrzeug geurteilt (Urteil vom 16.07.2020, Az.: 12 O 87/18). Der geschädigte Verbraucher hatte 2014 einen gebrauchten Mercedes-Benz C 200 T CDI mit einer Laufleistung von 43.550 Kilometer für 20.700 Euro erworben. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug der Schadstoffklasse Euro 5 ist der Motor OM651 verbaut. Das Fahrzeug wird bisher aber von keinem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes erfasst.