Das Heimatgericht als Schreckgespenst für die Daimler AG: Hat der Mercedes-Benz-Hersteller gemeint, vor dem Landgericht Stuttgart im Dieselskandal gut wegzukommen, haben sich die Verantwortlichen getäuscht. Jetzt ist das nächste Urteil im Falle eines streitgegenständlichen Mercedes-Benz GLC 250 D 4MATIC (Motorentyp OM651, Abgasnorm Euro 6) gefallen: Die Daimler AG muss dem geschädigten Verbraucher 28.149,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Juli 2020 zahlen, den Kläger von durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.358,86 Euro freizustellen und 57 Prozent der Kosten des Rechtsstreits zu tragen (Urteil vom 16.11.2020, Az.: 16 O 317/20). Der geschädigte Verbraucher hatte das Fahrzeug im September 2017 für 43.866,01 Euro gebraucht erworben.
In dem Mercedes-Benz GLC 250 D kommt eine sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung zum Einsatz. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar, die erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Trifft dies zu, sorgt diese Regelung dafür, dass der gesamte Kühlkreislauf möglichst lange kühl gehalten wird. Auf der Straße wird die Regelung jedoch nicht eingesetzt, so dass sich der Stickoxid-Ausstoß um ein Vielfaches erhöht. Daimler verteidigt sich zwar gern mit dem Hinweis, die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung sei nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Straße aktiv, verkennt hier aber die Tatsache, dass dies auf der Straße nur theoretisch zutrifft. Wegen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung unterliegen bereits viele Fahrzeuge der Daimler AG offiziellen Rückrufen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA).
Für das Gericht ist klar, dass die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig sind. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung ermittelt bestimmte Parameter, um die Funktion des Emissionskontrollsystems so zu verändern, dass deren Wirksamkeit unter anderen als auf dem Prüfstand herrschenden Bedingungen verringert wird. Anders als die Daimler AG vorbringt, sind die Auswirkungen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung auf die NOx-Emissionen erheblich.
Das Landgericht Stuttgart entwickelt sich mehr und mehr zum Angstgegner für die Daimler AG im Mercedes-Abgasskandal. Und auch viele andere Gerichte urteilen sehr verbraucherfreundlich. Geschädigte Verbraucher sollten sich daher nicht daran hindern lassen, den Klageweg zu bestreiten und gegen die Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gerichtlich vorzugehen und ihren berechtigten Schadensersatz zu erhalten.