Vor dem Oberlandesgericht Köln hat die Daimler AG eine weitere ganz herbe Niederlage im Dieselskandal erlitten. Das Oberlandesgericht Köln hat als zweites Oberlandesgericht in Deutschland mit Urteil vom 5. November 2020 (Az.: 7 U 35/20) das vorinstanzliche Urteil des Landgerichts Bonn (Urteil vom 24.01.2020, Az.: 15 O 172/19) aufgehoben und verbraucherfreundlich entschieden, dass dem Halter eines Mercedes-Benz-Reisemobils 250 D „Marco Polo“ Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zusteht. Die Daimler AG wurde verurteilt, an den Kläger 53.813,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2019 zu bezahlen, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 Euro freizustellen und 85 Prozent der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das streitgegenständliche Mercedes-Benz-Reisemobil 250 D „Marco Polo“ mit einem Motor des Typs OM651 der Schadstoffklasse Euro 6 ausgerüstet. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht betrug der Kilometerstand 30.548 Kilometer. Der geschädigte Verbraucher hatte den Wagen neu erworben, der mittlerweile einem amtlichen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) unterliegt und für den ein Software-Update existiert. Die Kontrolle der Stickoxidemissionen erfolgt in dem Fahrzeug über die sogenannte Abgasrückführung. Bei der Abgasrückführung wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Der Abgasrückführung wird bei kühleren Temperaturen zurückgefahren, wobei zwischen den Parteien streitig ist, bei welchen Außen-/Ladelufttemperaturen die Abgasrückführung reduziert wird. Das betrifft das Dauerthema des sogenannten Thermofensters.
Der Kläger hat gegenüber dem Oberlandesgericht Köln erfolgreich die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn durch Einbau der Motorsteuerungssoftware getäuscht. Die Motorsteuerungssoftware sei gesetzeswidrig, denn in der Verbindung von mehreren Abschaltvorrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, liege ein Verstoß gegen geltende Regeln vor.
Viele Mercedes-Benz-Diesel sind mit illegalen Abschalteinrichtungen ausgestattet. Besonders betroffen sind neben dem OM651 die Motoren des Typs OM642, OM622, OM626, OM654 und OM656.
Schadensersatzansprüche können im Abgasskandal gegen die Daimler AG von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Das gilt auch dann, wenn kein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorliegt. Vielmehr ist das Gericht laut dem BGH gehalten, ein angebotenes Sachverständigengutachten auch einzuholen, da ansonsten der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt wird.