Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 21. Juli 2020 (Az.: VI ZB 7/20) auf Rechtsbeschwerde des Klägers hin einen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2019 im Diesel-Abgasskandal aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Kläger hatte als geschädigter Verbraucher im VW-Dieselskandal Schadensersatz wegen eines von ihm am 11. März 2010 erworbenen Fahrzeugs der Marke Skoda gefordert. Das Modell „Yeti“ ist mit dem Skandalmotor EA189 ausgestattet, der millionenfach in zahlreichen Baureihen der Volkswagen AG und ihrer Konzerntöchter verbaut worden und Gegenstand vieler tausender Betrugshaftungsklagen in Deutschland ist. Die Abgasmanipulationen des EA189 haben das Dieselgate 1.0 ausgelöst.
Das Landgericht Kassel hatte in erster Instanz die auf Schadensersatz in Höhe von 28.000 Euro nebst Zinsen und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren gerichtete Klage abgewiesen. Unter anderem hat es ausgeführt, es bestünden keine deliktischen Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB. Nach den dafür geltenden Maßstäben könne bereits aufgrund des Vortrags des Klägers nicht von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger mit Schädigung seines Vermögens ausgegangen werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen.
Es ist ein gutes Zeichen, dass der Bundesgerichtshof der Berufung im Rechtsbeschwerdeverfahren stattgegeben hat. Das deutet darauf hin, dass sehr wohl ein sittenwidriges Verhalten der Volkswagen AG angenommen wird. Ein erfolgreicher Prozessausgang für den geschädigten Verbraucher im VW-Dieselskandal rückt damit einen Schritt näher. Die Berufungsbegründung lässt laut Bundesgerichtshof klar erkennen, dass der Kläger mit der Berufung den Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung weiterverfolgen will.
Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung auf einen Beschluss eines anderen Senats des Oberlandesgerichts Frankfurt bezogen. Danach ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf Rückgabe des Fahrzeugs und Erstattung des Kaufpreises aus einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, die in der Entwicklung und dem Inverkehrbringen des auch hier streitgegenständlichen und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs zu sehen sei, wodurch unschwer erkennbar auch die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs bedroht gewesen sei. In diesem speziellen Fall hat der Bundesgerichtshof diese Argumentation anerkannt.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte die Berufung unter anderem deshalb abgelehnt, weil der Kläger sich nicht eingehend zu den klageabweisenden Gründen des Landgerichts Kassel geäußert habe. Beispielsweise dazu, dass etwaige im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs dem Kläger zugefügte Nachteile nicht die zur Bejahung einer sittenwidrigen Schädigung erforderliche Intensität erreicht hätten und allenfalls eine mittelbare Auswirkung des Verhaltens der Beklagten sein könnten.
In der Steuerung des EA189 wird eine Software genutzt, die erkennt, wenn das Fahrzeug unter Laborbedingungen fährt. Diese Motorsteuerungsgerätesoftware kennt zwei Betriebsmodi, die die Abgasrückführung steuern, einmal den NOx-optimierten Modus 1, der während des Fahrens unter Laborbedingungen aktiviert ist, und den partikeloptimierten Modus 0 im normalen Straßenverkehr. In ersterem Modus kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und somit zu einem niedrigeren Schadstoffausstoß. Im Normalbetrieb wird das Abgasrückführungssystem demgegenüber im Modus 0 betrieben, bei welchem der Schadstoffausstoß höher ist. Das bedeutet: Im normalen Fahrbetrieb werden die Grenzwerte der EURO 5-Norm nicht eingehalten, weil außerhalb des Prüfstandes die Software In einen anderen Modus schaltet, bei dem eine deutlich geringere Abgasrückführung erfolgt. Dadurch hat die Volkswagen AG die Verbraucher vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.