Es ist ein neuerlicher Paukenschlag im Audi-Abgasskandal: Diesen Mittwoch startet vor dem Landgericht München der Betrugsprozess gegen Ex-Audi-Vorstandschef Rupert Stadler und drei Top-Manager des Konzerns. Stadler war von 2007 bis 2018 Vorstandsvorsitzender der Audi AG und fuhr regelmäßig Milliardengewinne ein, wofür Rupert Stadler unter anderem als Unternehmer des Jahres, CEO des Jahres und „Influencer of the Year“ ausgezeichnet worden ist. Jetzt steht seine Freiheit auf dem Spiel: Vor Gericht geht es um manipulierte Abschalteinrichtungen in mehr als 430.000 Autos und daraus resultierende Milliardenschäden, strafbare Werbung, Betrug und mittelbare Falschbeurkundung. Das Gericht plant mehr als 180 Verhandlungstage ein, Ende 2022 soll das Urteil fallen. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, muss Stadler mehrere Jahre in Haft.
Kurz gesagt, soll die Audi AG die Abgaswerte in Dieselmotoren so manipuliert haben, dass sie unter anderem auf dem Prüfstand weniger Schadstoffe ausgestoßen haben als im Straßenverkehr. Rupert Stadler steht jetzt als langjähriger Vorstandsvorsitzender im Fokus der Strafverfolgung, obwohl er die Schummeleien an Dieselfahrzeugen weder veranlasst noch jahrelang von ihnen gewusst haben soll und immer wieder eine Mitwisserschaft oder gar Beteiligung an Diesel-Manipulationen stets bestreitet.
In der Anklageschrift heißt es, die drei mitbeschuldigten Manager hätten „veranlasst“, dass die Software von Diesel-Motoren manipuliert worden sei. „Über die Abschalteinrichtungen wurden auf Veranlassung der Angeschuldigten die Abnehmer der betroffenen Fahrzeuge getäuscht und in Werbeaussagen irregeführt“, heißt es. Und dezidiert zu Rupert Stadler: „Der Angeschuldigte Stadler veranlasste ab dem 28. September 2015, dass Fahrzeuge mit der manipulierten Software auf den europäischen Märkten weiterhin veräußert wurden beziehungsweise verhinderte deren Verkauf nicht, obwohl er von den Manipulationen wusste.“
Konkret geht es laut eines Medienberichts bei „FOCUS Online“ um 120.398 Autos mit einem angeblichen Schaden von mehr als 27 Millionen Euro. Die Strafverfolger sind davon überzeugt, dass Stadler „gewerbsmäßig gehandelt“ hat. Der Betrug sei laut der Staatsanwaltschaft „von großer strategischer Bedeutung“ für die Audi AG und die drei angeklagten Top-Manager gewesen: „Jeder einzelne von ihnen strebte durch den Erfolg seiner Arbeit eine jährliche Teilnahme am erwirtschafteten Gewinn an und wollte sich damit eine Einkommensquelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen“, heißt es in der Anklage.
„Die Staatsanwaltschaft geht fest davon aus, dass Rupert Stadler spätestens ab September 2015 von dem Betrug gewusst, aber nicht konsequent dagegen vorgegangen ist. Unter seiner Führung habe der Audi-Vorstand zwischen September 2015 und Januar 2018 in Ingolstadt sogar 29 Produktionsprogramme neu gestartet“, betont Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Der Rechtsanwalt bezieht sich auch auf eine E-Mail vom 22. Januar 2008. „Damals stellten Entwickler Probleme beim Spritverbrauch fest, und einer der angeklagten Manager schrieb ‚…ganz ohne ‚Bescheißen‘ werden wir es nicht schaffen‘.“