Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am 21. Juli gleich zweimal mit dem VW-Dieselskandal befasst (Az.: VI ZR 354/19 und VI ZR 367/19) und damit die großen und verbraucherfreundlichen Leitlinien des ersten Urteils (25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19) bestätigt. Kurz gesagt hat der BGH die Schadensersatzpflicht der Volkswagen AG bekräftigt. Die Richter haben deutlich gemacht, dass die Käufer im Sinne von § 826 BGB durch den Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurden.
Im Mittelpunkt des Interesses standen zwei Fragen: Muss ein vom Diesel-Abgasskandal geschädigter Verbraucher vor Gericht schlüssig darlegen, welche Person ihn bei der Volkswagen AG sittenwidrig getäuscht hat? Ist mit dem Software-Update der Schaden behoben? Beide Fragen hat der BGH mit „Nein“ beantwortet. Der Schaden sei bereits mit dem Abschluss des Kaufvertrags, und nach Überzeugung des BGH hätte der Kunde ein Fahrzeug mit manipulierten Abgaswerten gar nicht erst gekauft. Daher könne der Schaden durch ein nachträgliches Software-Update nicht beseitigt werden. Ebenso trifft den betroffenen Verbraucher keine Pflicht zur Darlegung, welche konkrete Person bei der Volkswagen AG den Betrug verwirklicht beziehungsweise den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe.
amit hat der Bundesgerichtshof mit einem Revisionsurteil die Entscheidung des Oberlandesgericht Braunschweig kassiert. Beim Heimatgericht der Volkswagen-Konzerns wurde entschieden, dass dem Kläger keine Schadensersatzansprüche gegen den Autobauer zustehen. Das OLG vertrat die Meinung, dass dem Kläger kein Schaden entstanden sei, da er die abgasbeeinflussende Software schon vor der erstmaligen Geltendmachung seines Anspruchs durch das Software-Update habe beseitigen lassen. Auch hätte der Verbraucher schlüssige Angaben zur für die VW-Dieselskandal verantwortliche Person machen müssen.
Ausgehend von diesem Urteil zum Software-Update weist der Dieselanwalt auf einen weiteren Komplex hin. Abschalteinrichtungen wie Thermofenster bei der Abgasreinigung in Dieselfahrzeugen seien grundsätzlich unzulässig. Das habe die EU-Generalanwältin Eleanor Sharpston nun in ihrem Schlussantrag zu einem Verfahren am Europäischen Gerichtshof EuGH klargemacht. Entscheidend bei dem EuGH-Verfahren sei die Aussage, dass auch temperaturabhängige Abgaskontrollsysteme unzulässige Abschalteinrichtungen darstellten. Das wiederum kann bedeuten, dass das Software-Update von Volkswagen für den Motor EA189 als dem Auslöser des Diesel-Abgasskandals eine Neuauflage dieses Skandals darstellen könnte. Das Update soll ebenfalls ein Thermofenster beinhalten. Sollte sich dies erhärten, könnte ein neues Delikt vorliegen und Volkswagen dafür gegenüber geschädigten Verbrauchern haftbar sein – und das, obwohl die Hersteller und allen voran VW behaupten, durch Software-Updates könnten die Probleme der Fahrzeuge gelöst werden.