VW hat im Abgasskandal eine weitere Schlappe vor einem Oberlandesgericht kassiert. Das OLG Dresden hat Volkswagen mit Urteilen vom 5. März 2020 gleich in zwei Fällen zum Schadensersatz verurteilt (Az.: 10a U 1834/19 und 10a U 1907/19). Bemerkenswert ist, dass im zweiten Fall der Kläger seinen VW Passat erst im Dezember 2015 und damit nach Bekanntwerden des Abgasskandals gekauft hat. Das OLG Dresden sprach ihm dennoch Schadensersatz zu.
Im ersten Fall hatte der Kläger im Januar 2014 einen VW Tiguan gekauft, im zweiten Verfahren hatte der Kläger wie erwähnt im Dezember 2015 einen VW Passat erworben. In beiden Fahrzeugen ist der durch die Abgasmanipulationen bekannt gewordene Dieselmotor EA 189 verbaut. Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung verlangten die Kläger Schadensersatz.
Das OLG Dresden gab den Klagen weitgehend statt. VW habe die Autos mit der unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht und die Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Die Käufer hätten darauf vertrauen dürfen, dass die Fahrzeuge den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und uneingeschränkt nutzbar sind. Es sei davon auszugehen, dass sie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätten, wenn sie von den Abgasmanipulationen gewusst hätten, so das OLG Dresden.
Das gelte auch für den Kläger, der den Passat erst im Dezember 2015 gekauft hatte. In einer Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 habe Volkswagen zwar auf „Auffälligkeiten“ beim Motor EA 189 hingewiesen. Dadurch habe sich aber noch kein Schluss auf die technischen oder rechtlichen Konsequenzen ziehen lassen, führte das OLG aus. Die Kaufverträge seien daher rückabzuwickeln. VW müsse die Fahrzeuge zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten. Für die gefahrenen Kilometer müssen sich die Kläger allerdings eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
Mit dem OLG Dresden hat sich nur ein weiteres Oberlandesgericht der Auffassung angeschlossen, dass VW im Abgasskandal schadensersatzpflichtig ist. Das Urteil ist auch für diejenigen interessant, die sich dem VW-Musterverfahren angeschlossen haben aber kein Vergleichsangebot erhalten, weil sie ihr Fahrzeug nach dem 31.12.2015 gekauft haben. Das Urteil zeigt, dass auch bei diesen Verbrauchern die Kenntnis von den Abgasmanipulationen nicht vorausgesetzt werden kann. Diese Kenntnis wurde in der Regel erst mit dem Erhalt des Rückrufschreibens im Laufe des Jahres 2016 erlangt. Daher bestehen auch in diesen Fällen gute Chancen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen.
Die Verbraucher, die demnächst ein Vergleichsangebot erhalten, müssen entscheiden, ob sie das Angebot annehmen möchten oder weiter klagen, um einen höheren Schadensersatzanspruch durchzusetzen.